Man lernt Demut
361 Tage Vorfreude machen. Zumindest für die, die schon einmal mitgegangen sind. Und für die, die sich entschlossen haben, zum ersten Mal mitzugehen, gibt’s ein Kribbeln: schaffe ich das, wie wird das werden, wandern mit so vielen Menschen auf einmal?
Das erste Mal mitgehen ist für mich zwar schon lange her, aber diese Bedenken lösen sich bei den meisten schon auf der Kugelwiese völlig auf. Eines der schwierigsten Wegstücke ist geschafft: Vom Kirchenbergerl hinauf über die Hyrtlallee auf die Kugelwiese! Dort wird man registriert und trotz des frühen Morgens von allen Seiten freundlich angeplaudert.
Dann beginnt die eigentliche Ausnahmesituation der Wallfahrt:
Man kommt mit wildfremden Menschen ins Gespräch, lernt nette Leute kennen, die oft ganz andere Ansichten als man selbst haben – eine neue Sicht auf manche Dinge?
Es werden einem seine Grenzen aufgezeigt: Gibt´s auf dem ganzen Unterberg kein einziges Bacherl (verbesserungswürdig!)? Muss ich wirklich noch durch ganz St. Aegyd hatschen – wie lang kann ein Ort eigentlich sein? Umso größer ist die Freude, es dann doch geschafft zu haben – oft mit seelischer Unterstützung eines anderen Wallfahrers.
Man lernt Geduld und Demut: Ich warte auf die anderen. Ich warte bis zum Rosenkranz. Ich bete den ganzen, unglaublich langen Rosenkranz mit. Ich warte auf die Messe. Ich warte auf die Fahrt zum Quartier. Ich warte bis die Toilette frei ist. Es ist heiß. Es regnet. Es hagelt. Es blitzt und donnert. Es schneit…
Aber: Ich bin nicht allein dabei.
Und so freue ich mich schon jedes Jahr auf das Wandern durch die nach dem Winter frisch erwachende Natur in bester Gesellschaft!
Eines muss noch erwähnt werden: Das alles wäre nicht möglich ohne unseren Hans Vojtek, der jedes Jahr in bewundernswerter Weise auf die Wünsche und Sorgen von über 200 Individualisten eingeht und diese alle „unter einem Hut“ nach Mariazell bringt – Zirkusdirektor und Dompteur in einer Person:)! Vielen, vielen Dank!!
Fritz und Claudia Fleihaus